Wenn Sie Vermieter von Gewerbeimmobilien sind, dann werden Sie vielleicht schon in den letzten Tagen Post von Ihren Mietern erhalten haben, in denen diese recht bestimmt mitteilen, dass aufgrund der staatlich angeordneten Betriebsschließungen augenblicklich keine Einnahmen mehr erzielt würden und deshalb ab April bis auf weiteres auch keine Miete mehr geschuldet sei.

Häufig wird in diesen Schreiben behauptet, dies würde gängiger Rechtsprechung entsprechen, weil die Mietsache nun mit einem „Mangel“ behaftet sei, sodass der Mieter berechtigt sei, die Miete zu reduzieren oder ganz einzustellen.

 

 


Ganz so einfach ist es nicht!

Denn grundsätzlich ist der Mieter nur dann zu einer Mietminderung berechtigt, wenn die Mietsache, also die von ihm angemieteten Gewerberäume einen Mangel aufweisen. Wann von einem Mangel gesprochen werden kann, der zu einer Mietminderung oder Befreiung von der Mietzahlung führt, regelt § 536 BGB.

Danach muss es sich um einen Mangel handeln, der die „Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch“ aufhebt (dann Befreiung von der Mietzahlung) oder der die „Tauglichkeit mindert“ (dann Reduzierung der Miete).

Mit anderen Worten: Es muss die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache beeinträchtigt sein. Die Mietsache befindet sich also in einem baulichen/technischen Zustand, der die vertraglich vereinbarte Nutzung nicht oder nur teilweise ermöglicht.

In den Zeiten der Corona-Pandemie ist die Nutzung der Mietflächen jedoch nicht durch eine mangelnde Gebrauchstauglichkeit eingeschränkt, sondern dadurch, dass der Gesetzgeber durch behördliche Anordnung die Nutzung der Mietflächen untersagt.

Eingeschränkt ist also nicht die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, sondern deren Verwendung, etwa zur Nutzung als Friseursalon etc.

Nun ist es in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass dieses so genannte Verwendungsrisiko, also mit der Nutzung der Mietsache Einnahmen zu generieren, nicht in die Sphäre des Vermieters fällt, sondern vom Mieter zu tragen ist.

Solange der Vermieter die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache sicherstellt, liegt ein Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 BGB nicht vor, sodass der Mieter zur Zahlung der Miete verpflichtet ist, selbst wenn er die Mietsache (etwa auf Grund behördlicher Anordnung) nicht nutzen kann.

Diese Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter ist durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vom 27.03.2020 nicht außer Kraft gesetzt worden.

In diesem Gesetz hat der Bundesgesetzgeber vorübergehend wegen der COVID-19-Pandemie in Deutschland besondere Regelungen für verschiedene Bereiche des Privat- und des Wirtschaftslebens erlassen.

Für das Mietrecht ist der neugefasste Art. 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) von Bedeutung. Dort werden zeitlich befristet besondere Regelungen unter anderem für Miet- und Pachtverhältnisse eingeführt.

Mieter, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglichen Zahlungspflichten nicht erfüllen können, sind berechtigt, ihre Leistung einstweilen zu verweigern, ohne dass hieran für sie nachteilige rechtliche Folgen wie eine Vertragskündigung wegen Zahlungsverzugs geknüpft werden. Mieten und Pachtzahlungen bleiben allerdings fällig, nur das Recht zur Kündigung entfällt, wenn das Nichtzahlen auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht (Art. 240 § 2 EGBGB: „trotz Fälligkeit“).

Dieses einstweilige Leistungsverweigerungsrecht gilt zunächst für den Zeitraum 01. April bis 30. Juni 2020 und kann durch eine entsprechende Rechtsverordnung der Bundesregierung ohne Beteiligung des Bundestages und des Bundesrates bis zum 30. September 2020 ausgedehnt werden, wenn „zu erwarten ist, dass das soziale Leben, die wirtschaftliche Tätigkeit einer Vielzahl von Unternehmen oder die Erwerbstätigkeit einer Vielzahl von Menschen durch die COVID-19-Pandemie weiterhin in erheblichem Maße beeinträchtigt bleibt“.

Hält dieser Zustand über den 30. September 2020 weiter an, dann darf die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestages die Kündigungsbeschränkung weiter aufrechterhalten.

Gelingt es also nicht, die Pandemie wirksam einzudämmen, müssen die Vermieter damit rechnen, dass das Leistungsverweigerungsrecht des Mieters über den Juni 2020 weiter bestehen bleibt.

Auf dieses vorübergehende Leistungsverweigerungsrecht kann sich der Mieter aber nur dann berufen, wenn die „Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht“. Diesen Zusammenhang muss der Mieter glaubhaft machen.


Also ganz so einfach ist es nicht!

Sollte ein Mieter von Ihnen sich auf dieses Leistungsverweigerungsrecht berufen, muss sorgfältig geprüft werden, ob die Voraussetzungen überhaupt vorliegen.

Es ist Ihnen als Gewerbevermieter daher dringend zu empfehlen, sich in einer solchen Situation anwaltlicher Hilfe zu bedienen.

 

 

Hanau, im April 2020

Ihr Thomas Eichhorn

Rechtsanwalt